• 29.8.2022

  • Ein Beitrag von PVS Südwest

GOÄ-Abrechnung privatärztlicher Atteste

Privat veranlasste Atteste sind grundsätzlich nach GOÄ in Rechnung zu stellen. Das gilt unabhängig vom Versichertenstatus des Patienten.

Wann sind Atteste privat veranlasst?

Aus Sicht der Abrechnung lassen sich Atteste vom Grundsatz her in zwei Gruppen unterteilen. Zur ersten Gruppe gehören diejenigen Atteste, bei denen die Kosten für die Ausstellung von den gesetzlichen Krankenkassen oder privaten Krankenversicherungen zweifelsfrei erstattet werden. Das sind in erster Linie Atteste im Sinne von Untauglichkeitsbescheinigungen, für die es bei gesetzlichen Patienten vereinbarte Vordrucke gibt – wie z. B. die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit Vordruck Muster 1. Hinzu kommen noch solche Atteste, die ausdrücklich auf besonderes Verlangen der Krankenkassen bzw. des Medizinischen Dienstes, der privaten Krankenversicherung oder der Rentenversicherung ausgestellt werden.

Wesentlich für diese Gruppe von Attesten ist es, dass Sie Ihre Patienten – unabhängig vom individuellen Versichertenstatus – nicht im Vorfeld über die Kosten aufklären bzw. einen eigenen Behandlungsvertrag abschließen müssen. Damit sind Sie formal lediglich an die regulären Vorschriften einer EBM- bzw. GOÄ-Abrechnung gebunden, um Ihre Leistungen rechtssicher gegenüber den Kostenträgern zu dokumentieren.

Bei der zweiten Gruppe von Attesten ist die Eigenschaft der Erstattungssicherheit, wie sie bei der ersten Gruppe von Attesten vorliegt, dagegen nicht mehr gegeben. Eignungsbescheinigungen z. B. zur Kindergarten- oder Sporttauglichkeit aber auch Atteste z. B. zur Vorlage bei einer Reiserücktrittsversicherung werden von den Krankenkassen und Krankenversicherungen als privat veranlasst eingestuft und als Wunschleistung außerhalb des versicherten Leistungskatalogs gestellt. Die Klärung der Kostenübernahme durch den Patienten selbst ist damit elementare Abrechnungsvoraussetzung.

In der Konsequenz bedeutet dies, dass Sie bei diesen Attesten gegenüber Ihren gesetzlichen Patienten die formalen Regeln der IGeL-Abrechnung einhalten müssen – mit detaillierten Angaben zu Ihren Leistungen und Kosten gemäß GOÄ sowie schriftlicher Zustimmung des Patienten vor der Leistungserbringung (siehe auch IGeL-Abrechnung ohne Risiko). Auch gegenüber Ihren Privatpatienten empfiehlt sich eine behandlungsvertragliche Regelung, wobei die Kennzeichnung als Wunschleistung gemäß § 12 Absatz 3 GOÄ auf der Rechnung auf jeden Fall obligatorisch ist.

GOÄ-Ziffern für privat veranlasste Atteste

Welche Atteste Sie mit welchen Kosten nach GOÄ in Rechnung stellen können, ist vom Grundsatz her eine Frage des gewünschten bzw. geforderten Leistungsumfangs. So sind alle privat veranlassten kurzen Bescheinigungen bzw. Zeugnisse mit der GOÄ-Ziffer 70 abrechenbar, während für alle ausführlicheren privat veranlassten Atteste mit Angabe der Anamnese, zur epikritischen Bewertung und ggfs. Therapie die GOÄ-Ziffer 75 zum Zuge kommt. Näheres dazu finden Sie im Ratgeber GOÄ-Ziffer 70 und GOÄ-Ziffer 75.

Für noch weitergehende privat veranlasste Atteste, bei denen Sie gutachterliche Leistungen erbringen, ist dann auf jeden Fall auch bei Ihren Privatpatienten ein schriftlicher Auftrag erforderlich.

GOÄ-Nr.

Leistung

1 fach

2,3 fach

3,5 fach

GOÄ-Ziffer 80

Schriftliche gutachterliche Äußerung.
Enthält neben Anamnese, Befundung und Epikrise weitergehende Beurteilungen z. B. zur Tauglichkeit oder Krankheitsprognose

17,49 €

40,22 €

61,20 €

GOÄ-Ziffer 85

Schriftliche gutachterliche Äußerung mit einem das gewöhnliche Maß übersteigendem Aufwand:Enthält zusätzlich zu GOÄ-Ziffer 80 einen Zeitaufwand von mehr als 30 Minuten. Einmal abrechenbar je angefangene Stunde

29,14 €

67,03 €

102,00 €

 

Praxisbeispiel: Attest für Reiserücktrittsversicherung

Eine zur Inanspruchnahme eine Reiserücktrittsversicherung erstellte ärztliche Bescheinigung ist ein typisches privat veranlasstes Attest. Die Entscheidung über den Leistungsumfang trifft ausschließlich der Patient. Vorgaben bzw. Wünsche der Versicherung können und sollten dabei als Leitlinie dienen, sind aber weder für den Patienten noch für den Arzt bindend.

Vorgesehen bei einem Attest für die Reiserücktrittsversicherung ist in der Regel die GOÄ-Ziffer 70 als kurze Bescheinigung. Sollte eine Versicherung eine ausführliche Information zu der Erkrankung des Patienten wünschen, so kommt die Abrechnung der GOÄ-Ziffer 75 in Frage, die allerdings folgende Angaben nach der Leistungslegende enthalten muss:

  • zur Anamnese,

  • zu Befunden,

  • zur epikritischen Bewertung und

  • gegebenenfalls zur Therapie.

Sofern in Ausnahmefällen vom Versicherer eine gutachtliche Äußerung angefordert wird, kann die Ziffer 80 angesetzt werden. Inhaltlich ist hier jedoch auch die Beantwortung gutachtlicher Fragestellungen gefordert, z. B. Fragen nach der Dauer und Prognose einer Erkrankung.


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Weitere Informationen zur GOÄ Abrechnung finden Sie auf unserer Website.

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